Großpösna, Highfield Festival – Von Wegen Lisbeth

Großpösna, Highfield Festival

16.08.2019

Obwohl das sogenannte Nightlinergefährt so gleichmäßig auf das Highfieldfestival gleitet, als wäre es ein gottverdammtes Raumschiff, und die beruhigenden Klänge Wolfram Archimedes Mozarts durch das Innere des Fahrzeugs schallen, herrscht bei der Ankunft heilloses Durcheinander. Man hatte sich einen Sommer lang daran gewöhnt, pünktlich nach der Tagesschau am Abend bei der Abfahrt einzuschlafen und am folgenden Morgen frisch und ausgeruht vom Geruch von warmen Croissants, frischem Saft (fragt nicht was für Saft) und dem ein oder anderen stehengebliebenen Bier am Festivalort zu erwachen. Zu allerletzten Festivalrutsche des Jahres hatte sich das Reisebüro Lisbeth & Söhne GmbH dann aber überlegt, erst am Morgen des Konzerttages abzufahren (böse Zungen würden auch von unmenschlicher Nachtzeit sprechen).
Man steht also in Berlin auf, kurz bevor die Sonne über den Ebenen von Rohan erwacht, ballert sich wahlweise zwei Kaffee/Penny-Energydrinks/Heroin/Zuckerwatte rein, schleppt sich zum Abfahrtsort, und springt mit einem doppelten Auerbachsalto direkt wieder ins Bett. Als man erwacht, weiß man folglich nicht, welcher Tag eigentlich grad ist, man ist sich nach längerer Diskussion sogar nicht mal sicher, ob überhaupt irgendein Tag ist. Mutti hatte schließlich gesagt, noch einmal Schlafen, dann wäre Festivaltag, nun hat man aber schon mindestens zweimal geschlafen aber keins von beiden Malen richtig, wieviele Tage dabei vergangen sind, weiß niemand, es scheint aber noch Sommer zu sein.
Bei einem flüchtigen Blick aus dem Fenster bietet sich den Lisbeths auf der einen Seite der Anblick einer kargen, texanischen Wüstenlandschaft, auf der anderen schmückt ein altes Atom-oder-sonstwas-Kraftwerk den Horizont, man ist also entweder in die USA gefahren worden oder direkt in der dritten Staffel Dark gelandet. Man hat folglich ein wenig Angst, beim Betreten des Frühstückszelts 33 Jahre in die Vergangenheit zu reisen, kommt dann aber glücklicherweise doch beim Rührei an.
In den folgenden Stunden stellt sich im Lisbethkollektiv dann ein gewisses Gefühl der Langweile ein. Während der eine diesem begegnet, indem er einfach sieben Mal hintereinander Duschen geht, versuchen sich andere im gemeinsamen Lesen eines lustigen Rollenspiels oder mehr oder weniger erfolgreichen Versuchen, um die Gunst der schönen Prinzessin Lena Meyer Landrut zu buhlen. An dieser Stelle gilt besonderer Dank der mysteriösen Band, welche uns das noch viel mysteriösere Wurf-Sack-Spiel zur Verfügung gestellt hat. Ein weiterer Dank geht an die unmysteriöse, dafür aber umso solidere Weinbar – nur durch euer Zusammenspiel waren sportliche Höchstleistungen und der Sieg gegen die Langeweile möglich, allein hätten wir diese Herausforderung nicht meistern können.
Pünktlich zum Prime-Time-Konzert haben sich dann vor der Bühne zwischen 14 und 100.000 feierwütige Highfielder und Highfielderinnen versammelt, welche anscheinend schon seit einigen Stunden kräftig den Jibbet passen, es entsteht jedenfalls eine Stimmung wie die, als Frodo in seinem Bett aufwacht, Gandalf und die ganze Hobbitbande zur Kissenschlacht auftauchen und von allen gleichzeitig das Teil zu kicken beginnt.
Pünktlich zu Doziboy ihm sein Geburtstag ist die Stimmung dann auf dem Gipfel wie ein gottverdammter Bergsteigerdude, Tonmannn Javier sorgt für den passenden Surroundsound und nach einem kurzen Abstecher zur Jan-Delay-covert-jeden-Song-Show geht es für unsere fünf Knuddelbärchen inklusive Entourage ins wohlverdiente Bettchen.