09.08.2019
Es ist ein etwas trauriger Anblick, als sich zu dieser Festivalrutsche nur ein Bruchteil der normalerweise 124-Mann-starken Entourage am Abfahrtsort versammelt. Normalerweise wird der Treffpunkt extra 30 Minuten früher gelegt, um genügend Zeit für emotionale Begrüßungsrituale zu lassen, heute herrscht nach dem müden Fist-Bump betretenes Schweigen, zu sehr vermisst man die Julians, die aus ihrem Cluburlaub in Mordor direkt zum Festival anreisen werden. Das Bild des halb leeren Busses deprimiert die Reisegruppe so sehr, dass man beschließt, einfach imaginäre Charaktere zu erfinden, welche sich an Bord des Gefährts befinden. So einigt man sich beispielsweise auf die Mitreisende „Lene“, welche in den Köpfen der Gang mit zum Rocco del Schlacko reist. War Lene zu Beginn der Fahrt noch eine sehr zurückhaltende Mitfahrerin und hing einfach auf einem der Sitze rum, wirkt sie mit steigendem Bierkonsum immer kaputter, möchte sich nicht einfach in eine Schublade stecken lassen und legt sich irgendwann einfach mitten auf den Boden, was wiederum dem Busfahrer missfällt – ein kreatives Reisespiel für die ganze Familie, präsentiert von der Firma Lisbeth.
Als die Band das wunderschöne Saarland erreicht, welches von den Sorgen und Problemen dieser Welt noch unerreicht scheint, absolviert man auf den von der Sonne golden beschienenen Hügeln noch die ein oder andere blitzschnelle Partie Golf, das neue Lieblingsspiel der Musikgruppe Von Wegen Lisbeth, deren Musik sich in Zukunft vor allem an die reicheren Bevölkerungsschichten richten soll. Je weiter der große Zeiger auf Roberts goldener Uhr allerdings wandert, desto mehr Aufregung macht sich innerhalb der Gruppe breit. Zu einem erfolgreichen Auftritt, so wie man ihn aus den letzten Wochen gewöhnt ist, fehlen zwei eklatant wichtige Dinge: Erstens, ein sogenannter „Julian“, welcher an der Bassgitarre die ein oder andere Saite zupft, um damit ein nicht zu unterschätzendes „Dum-dum-Dam“-Geräusch zu erzeugen, zweitens ein gepflegtes Unwetter, welches der Band das Gefühl vermittelt, sich in ihrem gewohnten Konzert-Habitat zu befinden.
Glücklicherweise steigt noch vor dem traditionellen, lisbeth’schen Mittagsschlaf ein gold-braun-gebrannter Julian aus seinem DeLorean, bereit, das Rocco del Schlacko derbe wegzurocken.
Als dann auch noch Wolken am Horizont aufziehen, deren Farbstellung in etwa diesem ekligen eingebrannten Rest im Backofen gleichen, der sich nie wegputzen lässt, herrscht freudige Stimmung im Lisbethland. Man ist sich zwar nach kurzer Besichtigung des Campingplatzes nicht sicher, ob das minimal angetrunkene Publikum (Der Konsum lag mengentechnisch in etwa bei einer kleinen Weinschorle bzw. äquivalent zwei Radler) noch den komplizierten Weg Richtung Bühne finden wird oder die Orientierung schon bei der Unterscheidung von oben und unten scheitert. Als die Band jedoch mit den gewohnten Pommes-Gabel-Rockstar-Posen die Stage betritt, haben sich dort entgegen der Angst doch einige Menschen versammelt, um in der folgenden Stunde einen angemessenen Gewitter-Schlamm-Pogo aufs Parkett zu kleistern. Es kommt, wie es immer kommt: Ein gediegener Turn Up entsteht.
Schön wart jewesen, Rocco del Schlacko!
Gerüchte zur Namensbildung des Rocco del Schlacko:
1. Dem Käfersammler Rocco aus der roten Pokemonedition sollte hier ein Denkmal gesetzt werden. Das Lieblingsgetränk der Festivalgründer ist der „Schlacke“ genannte, braune Schnaps, der einfach widerlich schmeckt.
2. Irgendwo in der Nähe des Festivalgeländes steht der sogenannte Schlackeberg, an dessen Fuße sich eine Garage befindet, welche die erste Location des damals etwa 4-Besucher-fassenden Festivals darstellt.
3. Wie Insiderquellen der Redaktion berichteten, kann es sich auch um einen einfachen Schreibfehler handeln. Man schrieb den Befehl „Rockt, ihr Slacker!“ in ein Word-Dokument, die Autokorrektur besorgte den Rest.