11.08.2019
 Stellt sich die geneigte Leserschaft unter 
einer sogenannten Festivaltour (bestehend aus mehreren sogenannten 
„Festivalrutschen“ wiederum bestehend aus mehreren Festivals am Stück 
ohne zwischenzeitlichen Besuch der heimischen WG-Küche, vgl. Lexikon der
 Tourbegriffe, Band 4) einen erholsamen Urlaub vor, ist selbiger 
Leserschaft wohl oft nicht klar, wie wenig Zeit am einzelnen Festivalort
 verbracht wird. Man erreicht zwar meist gegen Morgen das Festival, muss
 von der zur Verfügung stehenden Freizeit jedoch die verkaterte 
Frühstückszeit, den verkaterten Aufbau, den Gehirn-zerstörenden 
Soundcheck, das Mittagessen, die 
Irgendjemand-möchte-unbedingt-alle-zum-Trinken-überreden-Stunde und 
natürlich das Konzert abziehen. Somit bleibt der gesamten Rasselbande 
oft nicht mehr als eine Stunde, um sich ein Bild der einzigartigen 
Umgebung zu machen. Die Chance, dass man genau in seiner eigenen aktiven
 Phase ein Mitglied der Reisegruppe zu einer Adventure-Sightseeing-Tour 
überreden kann, liegt nach neuesten Forsa-Umfragen bei 2,9%. An dieser 
Stelle plädiert die Von Wegen Lisbeth GmbH & Co KG dafür, in jedem 
Backstage einen Aussichtsturm mit 360-Grad-Blick aufzustellen, um Kräfte
 und Überredungskunst zu sparen. 
 Es ist der sonnige Vormittag des 
Open-Flair-Festivals, welches übrigens nach Insiderinformationen in 
keinem direkten Verhältnis zum Rapper Fler steht: Nils hat bereits 
seinen Wanderrucksack mit Trinkpäckchen und Lembasbrot gefüllt, einen 
Schleichweg zwischen den Backstagecontainern hindurch Richtung 
Innenstadt erkundet und seine Wanderstiefel mit Gafferband geflickt, als
 ihn eine aus nur drei Menschen bestehende, müde Wandergruppe erwartet. 
Den Rest der Bande hatte man an Instagram, die Kaffeemaschine, ein 
mysteriöses Golf-Handy-Spiel und das Backstagesofa verloren. Es geht 
also im Gänsemarsch über den reißenden Strom der Werra Richtung 
Eschweger Innenstadt, hält man sich dabei immer genau in die 
entgegengesetzte Richtung der 
Bullet-for-my-Valentine-Soundcheck-Geräusche ist der Weg kaum zu 
verfehlen.
 Folgender Reisebericht kann dem interessierten Eschweger Touristen gegeben werden:
 Eschwege besticht durch ein einzigartiges Parkdeck, welches eine 
exzellente Aussicht auf die malerische Altstadt bietet. Leicht 
versteckt, aber immer einen Ausflug wert: Der Eschweger Torturm, ein 
Mittelding aus Tor und Turm, welcher von Wissenschaftlern im 19. 
Jahrhundert gezüchtet wurde. Abgeraten wird vom Baden im angrenzenden 
Bade- bzw. Nicht-Badesee, welcher von merkwürdigen Bakterien befallen 
wurde, die sich jederzeit zum Mindflayer zusammensetzen können, um 
anschließend ganz Eschwege in ekligen Glibber zu verwandeln.
 Nach 
erfolgreichem Stadtspaziergang wird pflichtbewusst und zur besseren 
Selbstpräsentation eine Postkarte an Mami und Papi geschrieben: „Das 
Wetter ist schön. Die Altstadt ist schön, mit ganz interessanten 
Fachwerkhäusern, wir baden ganz viel (nicht). Wie geht es dir? {Name}“.
 Zwei Dinge sind vom Konzert besonders hervorzuheben:
 1. Es wird ein neuer Crowd-Surfing-Weltrekord aufgestellt, ein 
Offizieller des Guinness-Weltrekord-Teams notiert 624 Surferinnen und 
Surfer innerhalb von 60 Sekunden.
 2. Matze hat dank zusätzlicher 
Übungsstunden den Imperius-Fluch des Publikums erfolgreich abgewehrt und
 sich nicht dazu bringen lassen, auf der Bühne einen Freestyle in die 
gottverdammte Pipeline zu ballern.
Die Reisegruppe Lisbeth schwört feierlich ein Tunichtgut zu sein und teilt hiermit offiziell mit, sich wie Bolle auf die letzten beiden Festivals dieses Sommers zu freuen.




 
								